Der 25. November ist der internationale Gedenktag für alle Frauen und Mädchen, die Opfer von Gewalt wurden. Gleichzeitig ist es der Startpunkt der Initiative „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“.
Bis 10. Dezember – dem internationalen Tag der Menschenrechte – wird weltweit auf das Ausmaß und die verschiedenen Formen von Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht. Ziel ist es, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Gewalt als fundamentale Menschenrechtsverletzung Folgen für die Betroffenen selbst, aber auch für die gesamte Gesellschaft hat.
Die Ausprägungen von Gewalt sind vielfältig und reichen von häuslicher Gewalt, Stalking und Gewalt im Netz bis hin zu sexualisierter Gewalt und Menschenhandel.
„Terre de Femmes“ – eine Fraueninitiative aus Deutschland – setzt seit 2001 mit der Fahnenaktion „Frei leben ohne Gewalt“ ein Zeichen gegen Gewalt. Auch in Oberösterreich wurde vor dem Linzer Landhaus heuer wieder die Fahne gehisst. Aber auch in vielen anderen oberösterreichischen Städten wehte die „Terre de Femmes“-Fahne und fanden Aktionen gegen Gewalt statt, z. B. in Perg, Ennsdorf, Ebensee, Braunau, Ried im Innkreis, Kirchdorf an der Krems, Grieskirchen, Rohrbach.
In Österreich setzen sich nun seit über 40 Jahren insbesondere die Frauenhäuser gegen Gewalt an Frauen ein und sind Zufluchtsstätte in Krisensituationen. Im Jahr 2017 wurden in den 26 Frauenhäusern der Vereine AÖF und ZÖF 1.633 Frauen und 1.708 Kinder – insgesamt 3.341 Personen – betreut. Weitere Zahlen, Daten und Fakten zu Gewalt an Frauen und Mädchen in Österreich bietet das aktuelle Factsheet von AÖF. Demnach ist hierzulande jede fünfte Frau körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt, jede 5. Frau erlebt ab ihrem 15. Lebensjahr physische und/oder sexuelle Gewalt, jede 3. Frau wird ab ihrem 15. Lebensjahr sexuell belästigt und jede 7. Frau ist ab ihrem 15. Lebensjahr von Stalking betroffen.
Das UN Nationalkomitee Österreich hat in Kooperation mit Soroptimist International Austria und HeForSheGraz die internationale Kampagne „orange the world“ nach Österreich gebracht. Als Schirmherrin konnte die Schauspielerin Ursula Strauss gewonnen werden. „Gewalt an Frauen und Mädchen darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Weltweit ist noch immer jede dritte Frau Opfer physischer, psychischer oder sexueller Gewalt. Dagegen müssen wir etwas tun! Frauen müssen sich mit ihrem Schmerz und ihren Erfahrungen in einer großen Öffentlichkeit positionieren dürfen. Und wir als Gesellschaft, sollten geschlossen hinter ihnen stehen“, so ihre klaren Worte gegen Gewalt. In jedem Bundesland erstrahlt mindestens ein Gebäude in orange. In Linz leuchteten das Ars Electronica Center Linz, der Südflügel des Schlossmuseums sowie der Mariendom. Zudem finden viele unterschiedliche Veranstaltungen statt. In Linz widmet sich beispielsweise ein Philosophicum mit dem Titel „Frauen – Opfer oder Täterinnen?“ spannenden Fragen rund um Täter-Opfer-Umkehr, einem möglichen Beitrag, den Frauen leisten, Opfer zu sein oder Auswirkungen klassischer Rollenbilder . Es diskutieren: Dagmar Andree (Vorsitzende des Linzer Frauenhauses), Adelheid Kastner (Vorständin der Klinik für Psychiatrie mit forensischem Schwerpunkt des Kepler Universitätsklinikums Linz, Autorin) und Richard Schneebauer (Männerberater, Autor).
In Zusammenarbeit mit Männerberatungsstellen bietet das ZÖF opferschutzzentrierte Paargespräche im geschützten Rahmen und mit professioneller Begleitung an. Einerseits wird so von Gewalt betroffenen Frauen bei der Klärung offener Fragen geholfen, andererseits werden auch einsichtige Männer betreut und gemeinsam tragfähige Lösungen gesucht.
Martina Eigner, Designerin und engagierte Unterstützerin von #ohneunsvielspaß, sieht sowohl Handlungsbedarf bei Opferschutz als auch bei Täterarbeit und erinnert an eine Forderung im Zuge eines #ohneunsvielspaß-Frauenlandtags vor dem Landhaus. So wurde dort ein Antrag auf Erhöhung der Mittel für Männerberatung und gegen Verhaltensregeln für Frauen gestellt. Die Forderung lautete wie folgt: „Ich fordere eine proaktive, niederschwellige präventive Männerberatung, die Gewalt gegen Frauen und Kinder offen zum Thema macht. Dazu beantrage ich eine zweckgebundene Erhöhung der Männerförderprogramme um 10% und fordere alle öffentlichen Einrichtungen auf, sich von Verhaltensvorschriften gegen Frauen klar zu distanzieren.“
Der 25. November und die 16 Tage gegen Gewalt richten den Fokus auf Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen. Dabei soll jedoch nicht ausgeblendet werden, dass auch Gewalt gegen Männer und Buben ausgeübt wird und es auch Täterinnen gibt.
Gewalterfahrungen schreiben sich tief in die Seele eines Menschen ein, unabhängig vom Geschlecht. Markus Kraxberger, Dipl. Sozialarbeiter, Männerberater, Kindergarten- und Hortpädagoge wünscht sich daher einen Ausbau der professionellen Unterstützung im Zusammenhang mit Gewalt:
„Für Gewalt verantwortlich ist immer nur eine Person. Der/die zuschlägt, bedroht oder sexualisiert gewalttätig handelt. Der oder die gewalttätig Handelnde ist die einzige Person, die etwas an der Gewalt verändern kann, nämlich die Gewalt zu beenden. Die oder der von Gewalt Betroffene kann sich entscheiden, zu bleiben oder zu gehen. Oft braucht es für dieses Gehen Unterstützung damit es gelingt. Diese professionelle Unterstützung gehört ausgebaut, damit wir in 5 Jahren feststellen können, dass Gewalt signifikant weniger geworden ist.“
#ohneunsvielspaß tritt für eine Welt ohne Gewalt ein.
Weiterführende Links:
Frauenhelpline gegen Gewalt, Tel. 0800 222 555
Anlaufstellen in akuten Gewaltsituationen
Zusammenschluss österreichischer Frauenhäuser (ZÖF)
Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF)
Broschüre des Landes OÖ mit Sicherheitstipps für Frauen und Mädchen zum Schutz vor Männer-Gewalt
Europaratskonvention Gewalt gegen Frauen – Istanbul-Konvention